Wohnungsauflösung für Anfänger
Wohnungsauflösung für Anfänger
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Mittlerweile haben wir unser 20 qm Apartment in Innsbruck bezogen. Zeit, einmal über die Wohnungsauflösung zu sprechen. Was wir alles erlebt haben, und wie unsere Learnings aussehen, wollen wir hier mit dir teilen. Zuerst dachten wir, dass das Thema schnell abgehakt ist. Nachdem wir eine Mindmap erstellt haben, sah das aber anders aus.
Wir fühlen uns mit unseren 20 qm immer noch ein bisschen, wie mitten im Van Life, nur ohne Räder. Viele Kisten und Ramsch sind leider immer noch da und wir müssen feststellen, dass unsere Wunschvorstellung nicht ganz in Erfüllung gegangen ist. Denn eigentlich wollen wir nur, jeweils mit einem Koffer und einem Rucksack ausziehen. Hat aber einfach nicht funktioniert. Vielleicht auch, weil im Moment kein Flohmarkt stattfindet. Wir schleppen also immer noch unsere 20-teilige Kochlöffel Sammlung mit uns herum.
Unsere Wohnungskündigung war, wie so vieles in unserem Leben sehr spontan. Mit viel Vorlauf hätten wir vielleicht noch mehr verkaufen können. Aber so sollte es eben nicht sein.
So hat alles angefangen
Lass uns mal von vorne anfangen. Als wir im Juni losgefahren sind, hatten wir noch keine Ahnung, dass wir unsere Wohnung mitten auf der Reise kündigen werden. Wir saßen damals in Torbole auf einem Parkplatz, ca. einen Monat nach Reisebeginn. Es war mitten in der Nacht und eigentlich hatten wir gerade unseren Bus zum Schlafen hergerichtet. Irgendwie kam das Thema Wohnung und Eigenheim auf und plötzlich war klar, dass wir jetzt die Wohnungskündigung rausschicken. Wir hatten zu dem Zeitpunkt schon so oft darüber geredet, dass die teure Mietwohnung nicht für immer unser Zuhause sein kann. Die Entscheidung wurde aber immer auf später vertagt.
Zu dem Zeitpunkt haben wir einfach schon gewusst, dass wir auf wenigen Quadratmetern zurechtkommen. Und die Kündigung war von da an eine gesetzte Deadline. Also keine Zeit zum Prokrastinieren. Nach unserer Ankunft zu Hause im Oktober hatten wir noch 8 Wochen Zeit, alles zu verkaufen und auszuräumen.
Ruhige Nächte dank Plan B
Am gleichen Abend der Kündigung haben wir übrigens ein Airbnb in München gebucht – für alle Notfälle. So wusste der Kopf zumindest, dass wir nie obdachlos sein werden. Letzten Endes haben wir es nie bezogen, da wir dann schon das Apartment hier in Innsbruck hatten.
Man kündigt keine Wohnung, sondern ein Zuhause
Die Wohnungskündigung war in unserer Vorstellung immer auch etwas sehr Emotionales. Zum Teil hatten wir den Traum, dort in Zukunft im Grünen mit Hund und Familie zu leben. Von dieser Vorstellung abrücken war erst einmal wahnsinnig schwer. Als Dorfkind war es für mich damals ein riesiger Schritt, nach München zu ziehen. Ich dachte mir damals, dass ich die Stadt und die Wohnung nie mehr hergeben möchte. Aber letzten Endes kommt man rum, reist viel und merkt dann, dass es da draußen doch noch so viel mehr gibt. Für Alex, der von klein auf in anderen Ländern gelebt hat, war das nie so ein großer Schritt wie für mich.
eBay-Kleinanzeigen ungewollt als Vollzeitjob
Nach 6 Wochen eBay-Kleinanzeigen, Umzugsstress, Wohnung putzen und ausmisten hat man auch einfach keine Nerven mehr, um einer Wohnung hinterher zu trauern. Bei der Schlüsselübergabe kamen für 2 Minuten noch mal kurz Tränen. Aber das war vielleicht einfach die Angst vor etwas Neuem und Ungewissen. Außerdem hatten wir jeden Monat die hohe Miete als Reminder etwas zu ändern. Uns war irgendwann klar, dass diese hohe Summe einfach weg ist und an irgendeine Wohnungsgesellschaft fließt.
Über die Reise ist uns einfach bewusst geworden, wie viel wir sparen könnten und was für ein Freiheitsgefühl damit verbunden ist. Selbst wenn wir uns irgendwann eingeschränkt fühlen und Platz brauchen, könnten wir uns ja jederzeit etwas größeres suchen oder einen netten Urlaub leisten. Das hilft ungemein.
Quadratmeter alleine machen nicht glücklich
Mittlerweile haben wir jeden Wohnungstyp durch: Haus am Land, kleine Wohnung am Land, kleine Wohnung in der Stadt, große Wohnung mitten in der Stadt mit Park vor der Tür, Leben im Van. Heute sind wir uns beide einig, dass das persönliche Glück niemals mit der Größe oder Lage der Wohnung alleine zu tun. Tatsächlich hatten wir die schönste Zeit in unserem Bus und da die wenigsten Quadratmeter.
Das mit Abstand größte Freiheitsgefühl hatten wir aber beide, als am Ende die Schlüssel übergeben waren und fast alle Möbel verkauft waren. Das kann man gar nicht richtig beschreiben. Das Bewusstsein, dass unsere einzige Verpflichtung noch ist, 520 € zu zweit aufzutreiben war unbeschreiblich befreiend. Ab sofort war einfach klar, dass uns auch mit wenig Einkommen nichts mehr so schnell aus der Ruhe bringen kann.
Unser ganz persönliches Ziel
Derzeit werden wir immer wieder gefragt, was denn unser nächstes Ziel ist. Grundsätzlich ist es so, dass wir ein ganz großes Ziel haben, bei dem wir aber selbst nicht genau wissen, wie weit es weg ist. Wir wollen irgendwann ein Eigenheim besitzen. Wo, wie groß usw. wird sich zeigen. Am Ende reisen wir vielleicht auch einfach weiter und investieren in eine Kapitalanlage. Aber im Moment ist es natürlich schön zu wissen, dass wir fast unser ganzes Einkommen als Eigenkapital auf die Seite legen können.
Tatsächlich können wir uns beide auch wieder vorstellen, in einer großen Wohnung zu leben. Aber dann sollen es bitte die eigenen vier Wände sein. Wenn wir dann wieder mit dem Bus losziehen, ist es für unsere Geldtasche nicht ganz so schlimm, wenn wir die Wohnung ein paar Monate leer stehen lassen.
Sind wir schon Frugalisten?
Wir sind erst einem Artikel mit der Headline “Bist du ein Frugalist” begegnet. Der erste Gedanke war: “Bitte was? Welches Ernährungskonzept? Meint ihr Frutarier?” Aber so ist es nicht. Der Artikel hat erklärt, dass Frugalisten Menschen sind, die ihre Ausgaben stark minimieren und ihren Fokus auf Dinge legen, die nachweislich glücklich machen. Deren großes Ziel ist außerdem die finanzielle Unabhängigkeit am besten noch bevor sie das 40. Lebensjahr erreicht haben. Hört sich alles supergut an. Aber wenn wir an unseren letzten Shopping-Trip denken, wissen wir, dass wir auch gerne mal Geld ausgeben.
Mut für neue Projekt
Fixkosten reduziert haben wir aber auf alle Fälle. Und seitdem merken wir beide, wie offen man für neue Projekte und Aufgaben ist. Man traut sich einfach auch an Themen heran, obwohl man kein Sicherheitsnetz wie zum Beispiel einen festen Job hat. Bei uns sind eben die geringen Fixkosten wieder das Netz, dass uns auffängt. Man hat einfach den Kopf frei für andere Dinge und entwickelt sich dann doch wieder weiter.
Tipps für die Wohnungsauflösung
Heute können wir entspannt auf die Wohnungsauflösung zurückschauen. Geholfen hat uns auf alle Fälle die Deadline und der anstehende Übergabetermin. Was wir nicht wussten, dass man viele Dinge einfach nicht verkaufen kann. Erinnerungsstücke zum Beispiel. Beim nächsten Mal würden wir uns da auf alle Fälle mehr Zeit einplanen. Wir hatten am Ende 5 verschiedene eBay-Accounts und somit einen Vollzeitjob. Einrichtung fotografieren, recherchieren und verkaufen haben wir uns nicht so aufwendig vorgestellt.
Unsere Tipps für dich:
- Wir haben gelernt, dass man eine Strategie braucht. Was kann zuerst weg, was muss eingelagert werden etc.
- Bildmaterial ist entscheidend. Wir haben irgendwann festgestellt, dass ein Screenshot des Produkts auf dem Onlineshop doch sehr verkaufsfördernd ist. Erst danach haben wir die eigentlichen Produktbilder eingestellt.
- Bett, Wasserkocher, Kaffeemaschine sind für viele wichtig beim Umzug. Also bis zum Ende in der Wohnung behalten.
- Saisonale Produkte berücksichtigen (Sonnenschirm, Ventilator usw.). Diese sind nicht unbedingt im Winter ein Verkaufsschlager
- Lieferung (gegen Aufpreis) anbieten.
- Einzelteile statt Set einstellen.
Papierkram nicht vergessen!
Wir haben lange über einen Nachsendeauftrag gesprochen. Im Umzugschaos haben wir aber dann vergessen, einen Auftrag einzurichten. Achtung, der Antrag braucht ein paar Tage Vorlaufzeit. Unsere Rettung war ein digitales Postfach. Unser Anbieter heißt Caja und wir sind bis heute sehr zufrieden. Der Vorteil bei diesem Anbieter ist, dass wir unsere Dokumente auch ins Ausland, also in unserem Fall Österreich nachschicken können. Bis jetzt funktioniert alles ausgezeichnet.
Das Ganze funktioniert wie ein E-Mail Programm. Unsere Post wird nach Berlin geschickt. Dort wird sie geöffnet, gescannt und uns dann per Mail zugeschickt. Wir können dann entscheiden, was mit der Post geschieht. Soll sie zum Beispiel vernichtet werden oder brauchen wir die Originaldokumente bei uns etc. Für unsere Situation ist das perfekt.
Warum wir dann doch nichts einlagern wollten
Wir springen noch mal zurück vor unsere Wohnungsauflösung. Wir dachten uns damals, dass wir alle Möbel einfach einlagern. Am Ende mussten wir aber feststellen, dass das überhaupt nicht so einfach ist. Dahinter steht ganz oft ein Geschäftsmodell. Also war für uns diesmal klar, dass wir ein paar Dinge bei Freunden einlagern. Da wir selbst schon Möbel von Freunden während deren Weltreise im Keller hatten, war das kein Problem. Ein Platz zum Einlagern hat bei den meisten Anbietern für unsere benötigte Anzahl zum Teil 40 € gekostet. Das hätte sich für uns auf Dauer einfach nicht gelohnt.
Unseren Bus hatten wir zum Zeitpunkt des Umzugs immer noch angemietet. Während dem ganzen Verkaufs- und Umzugschaos war das einfach super. Wir mussten so kein extra Transportmittel anmieten. Und wir konnten manchen Käufern sogar eine Lieferung innerhalb von München anbieten.
Ausmisten lohnt sich immer
Wir haben gesehen, dass es sich lohnt, vor einem Auszug ordentlich auszumisten und wollen so schnell nicht mehr so viel besitzen. Mit dem Wissen, wie viel man wirklich im Alltag braucht, können wir jedem nur raten, unnützes Zeug zu verkaufen.
Tipp: Flohmarktkiste in der Wohnung aufstellen und Dinge darin sammeln.
Wir haben am Ende nur mit “5-Euro-Verkäufen” fast 3.500 € zusammengebracht. Wir hätten niemals damit gerechnet, dass so viel Wert in für uns wertlosen Gegenständen liegt. Alles Dinge, die man eigentlich nicht braucht.
Viele der Teile, die wir verkauft haben, waren in einem top Zustand. Sollten wir in der neuen Wohnung wieder etwas benötigen, schauen wir uns auf alle Fälle erst einmal die Kleinanzeigen an. Wenn wir dann wieder weiterziehen, geben wir den Schrank, Stuhl etc. einfach wieder her. Unsere Erkenntnis: Man muss heute wirklich nichts mehr neu kaufen.
Heute, nach unserer Wohnungsauflösung sind wir auf alle Fälle glücklich, uns dieses Abenteuer getraut zu haben. Auch wenn wir definitiv noch mal zum Flohmarkt müssen.
Wir hoffen, wir konnten dich mit unsere Podcast-Folge oder diesem Artikel ein wenig inspirieren bzw. weiterhelfen. Wenn dir diese Folge gefallen haben, freuen wir uns sehr, wenn du sie weiter empfiehlst, teilst oder likest. Vielen Dank dafür!